DER BEAUCERON · WESEN

Potentiale
Wenn man sich vergegenwärtigt, wie der Arbeitsalltag für einen Hütehund ausgesehen hat, bekommt man eine ungefähre Vorstellung von dem Potential, welches bei den meisten Beaucerons auch heute noch vorhanden ist. Während des Treibens der Herde zum Weideplatz rennt der Hund unaufhörlich an der Herde entlang, er muss Situationen wie Einengungen durch Brücken oder ähnliches erkennen und die Herde hindurch schleusen, er muss die Schafe am Abkürzen über Feldflächen hindern und er muss Straßen für Pferdefuhrwerke und Autos zu einem Teil freimachen. Beim Weiden laufen die Hunde Furche, um das Vieh von den angrenzenden Feldern fernzuhalten, und versprengte Tiere müssen zur Herde zurückgetrieben werden.

Außerdem müssen sie tags wie nachts wehrbereit sein, um die Herde und ggf. den Schäfer vor zwei- und vierbeinigen Dieben zu schützen. Dies verlangt einen körperlich wie geistig wendigen Hund, der am Tag viele Kilometer laufen und dabei über lange Zeit aufmerksam und reaktionsbereit sein muss. Er muss z.T. sehr selbständig agieren, aber auch auf Anweisung des Schäfers sehr führig sein. Ein Beauceron braucht viel Auslauf

Dieses ursprüngliche Leistungsvermögen ist beim Beauceron bis heute recht gut erhalten geblieben. Er ist nach wie vor voller ausdauernder Arbeitsfreude.

Als Hütehunde neigen auch viele Beaucerons zum Jagen, denn das Hüten gilt als abgebrochene Jagdsequenz. Es ist ratsam dem bereits jungen Hund diese Beute leidig zu machen, ihn stattdessen auf Ersatzbeuten zu konditionieren und ihn ausreichend zu beschäftigen. Gut ist auch eine Konditionierung auf die Pfeife.

Der Beauceron ist wachsam ohne dabei ein Kläffer zu sein, gepaart mit einer guten Portion Schutztrieb. Viele sind Fremden gegenüber zurückhaltend bis misstrauisch. Es gibt aber auch Beaucerons, die den Besuch freudig begrüßen.

Auch wenn viele Beaucerons noch heute sehr lauffreudig sind und viel bewegt werden müssen, so müssen sie keinesfalls 50 - 80 km am Tag laufen. Noch wichtiger als die körperliche Auslastung ist hingegen die geistige. Der Beauceron braucht Kopfarbeit, sie wollen lernen.


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Erziehung
Man kann oft lesen, dass der Beauceron kein Hund für Anfänger ist, da er schwierig in der Erziehung sei. Genauso häufig aber kann man lesen, dass er gehorsam sei, ja sogar leichtführig.

Ein Widerspruch? Nein! Denn genau diesen Widerspruch lebt der Beauceron. Ich denke, er ist sogar typisch für ihn.

Vor allem bei der Arbeit kann er sehr leichtführig sein, sofern man es versteht, diese Arbeit ohne Zwang, sondern als ein gemeinsames Tun und Spielen aufzubauen, denn der Beauceron will arbeiten. Arbeit ist seine Passion. Wenn er etwas nicht wie gewünscht ausführt, so hat er es noch nicht verstanden und es liegt am Hundeführer, einen anderen Weg zu finden, ihm dieses beizubringen.

Und auch bei der Erziehung im Alltag geht vieles leichter, wenn mit positiver Bestätigung gearbeitet wird. Aber natürlich geht es nicht ganz ohne Druck. Doch im Gegensatz zu vielen anderen Hütehundrassen genügt es hier meist nicht, etwas lauter zu werden oder ihn mal kurz in den Nacken zu greifen, um ihn zu beeindrucken. Hier ist er hart im Nehmen. Der Druck muss, wenn notwendig, sehr überzeugend kommen. Allerdings, und hier kommen wir in den Widerspruch, nicht immer kommt man mit Druck, und sei er noch so stark, zum Ziel. Oft ist ein sehr geduldvolles Wechselspiel zwischen häufiger, positiver Bestätigung und gelegentlichem, überzeugendem Druck notwendig. Und dieses Wechselspiel macht das Führen des Beaucerons so schwierig, weil es eben nicht nach "Schema F" heruntergespult werden kann. Jede Situation ist anders, will neu beurteilt werden. Und wenn ich eben schrieb, er ist hart im Nehmen von Druck, so stimmt dies auch nur eingeschränkt. Denn er ist gleichzeitig ein Sensibelchen. Es gibt Druck, den er nicht versteht, wo er stur wird und dagegen arbeitet. Druck, unter dem er das Vertrauen zum Hundeführer verliert, ist ihm unerträglich. Harmonisches Miteinander

Der Beauceron ordnet sich in sein Rudel ein, er ordnet sich auch unter, aber bedingungslose, absolute Unterordnung darf man von ihm nicht erwarten, dafür ist er zu eigenständig und zu klug. Ihn zu führen ist ein steter Balanceakt. Er braucht viel Liebe und Vertrauen, Spiel und Spaß, und ein klares Regelwerk, auf dessen Einhaltung stets zu achten ist. Der Hundeführer muss eine fürsorgliche, liebevolle Autorität sein, voller Einfühlungsvermögen und uneingeschränkter Konsequenz. Also die berühmte "Eiserne Hand in Samthandschuhen" - eine echte Führungsqualität.

Diesen Weg zu gehen, fällt nicht allen Hundeführern leicht. Und es ist auch nicht gesagt, dass jemand, der bereits seit vielen Jahren Hunde führt, tatsächlich besser geeignet ist als ein Anfänger, der bemüht ist, sich mit hundlichem Verhalten zu beschäftigen.

Der Beauceron macht es seinen Menschen gerade in den ersten 3 - 4 Jahren nicht ganz leicht. Er ist ein sogenannter Spätentwickler, der lange im jugendlichen Stadium verweilt. Diese jugendliche Ungestümheit, gepaart mit seinem hohen Temperament, seiner Bewegungsfreude und seiner zeitweiligen Störrigkeit kann einen schon manchmal zur Verzweiflung bringen. Hier hilft, wie bereits oben erwähnt, das geduldige Einfühlungsvermögen, die allzu nötige Konsequenz und gezielte Beschäftigung mit ihm.


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Familie und Sozialisation
Der Beauceron liebt seine Familie. Meist folgt er, wenn er kann, seinen Menschen auf Schritt und Tritt. Er ist als Rudeltier nicht für die Zwingerhaltung geeignet, er gehört ins Haus zu seinen Menschen. Aber natürlich kann er auch einige Zeit alleine bleiben, wenn dies von klein auf regelmäßig in kleinen Schritten geübt wird.

Man sagt dem Beauceron viel Kinderliebe nach. Die sonst so derb spielenden Hunde können dann ihre Kräfte sehr fein dosieren. Trotzdem müssen Hund und Kind beim gemeinsamen Spiel unter Kontrolle der Erwachsenen bleiben, die dann gelegentlich dämpfend eingreifen können.

Familienidylle Hunde, bei denen nicht klar die Rangeinweisung erfolgt, Hunde, die in ihren Menschen keinen Rudelführer erkennen können, übernehmen notgedrungen selbst die Führung und disziplinieren dann ihre Familie. Und Hunde, die keine Ruhe vor Kindern finden können, von diesen geneckt und genarrt werden, erwehren sich irgendwann dieser Belästigung. Dies ist ein normales Verhalten und liegt in der mangelnden Verantwortung der Erwachsenen für Hund und Kind begründet. Vieles hängt eben von der Erziehung ab, also vom oberen Ende der Leine.

Und genauso selbstverständlich ist es, dass Hunde - egal welcher Rasse - von klein auf sozialisiert werden müssen. Hier kann der Züchter nur den ersten, wenn auch wesentlichen Grundstein legen. Aber genauso wichtig ist es, dass der Welpenerwerber auf dieser Basis aufbaut und weitermacht. Denn was ein junger Hund nicht kennen lernt, dass macht ihm im Alter Angst. Da nützt es auch wenig, wenn die Rasse im allgemeinen als nervenstark bezeichnet werden kann. Denn: Nur ein gut sozialisierter, gut erzogener Beauceron ist auch ein wirklich toller Beauceron.


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Regina Rentel · 01. Mai 2003